Kein Online-Portal zum Steuerbetrug!
Streit um Steuerbetrugsportal
Die Steigerung von „Denunziation“ ist „anonyme Denunziation“
„Unter einer Denunziation (lat. denuntio, „Anzeige erstatten“) versteht man die (Straf-)Anzeige eines Denunzianten aus persönlichen, niederen Beweggründen“, so Wikipedia.
„Ein Whistleblower (im deutschen Sprachraum zunehmend auch Hinweisgeber, Enthüller oder Aufdecker) ist der Anglizismus für eine Person, die für die Öffentlichkeit wichtige Informationen aus einem geheimen oder geschützten Zusammenhang veröffentlicht“, definiert Wikipedia.
Die vieldiskutierte Option anonymer Steueranzeigen auf einem Online-Portal in Baden-Württemberg ist eine Denunziation in genannter Steigerungsform, weil sie zur Bespitzelung der Bürger untereinander auffordert ohne Konsequenzen für den Denunzianten.
Davon kann auch der Verweis auf andere Online-Anzeigemöglichkeiten nicht ablenken, die ebenso verwerflich sind und das Potential zur Zerstörung des vertrauensvollen Zusammenhalts einer Gesellschaft in sich bergen.
Wer jetzt empört aufschreit, blendet die Diskussionen der letzten Jahre über Shitstorms und Bashing in Sozialen Netzwerken aus, die Thematik um Datenschutz und Netzwerkdurchsetzungsgesetz, sowie der Schutz der Privatsphäre und persönlichen Integrität durch Falschaussagen in medialen Angeboten.
Jeder kann jeden denunzieren ohne eigene persönliche Konsequenzen und Verantwortung. Das kann einer Gesellschaft nicht bekommen, verschiebt Macht über Menschen vom reglementierten und grundrechtlichen gebundenen Staat zu einzelnen selbstberufenen Bürgern und ihrer Beliebigkeit. Mit mehr Geld für den Staat und alle sind eigentlich steuerehrlich, läßt sich dies nicht rechtfertigen, besonders nicht in Zeiten konsequenzenloser Geldverschwendung durch Politik (Berichte der Rechnungshöfe) und einzelne Politiker.
Wer etwas im Interesse der Öffentlichkeit zu sagen hat und eine Anzeige machen will, muß die Nachhaltigkeit seines Handelns abwägen und mit seinem Namen verbinden müssen, damit niedrige Beweggründe durch gesellschaftliche Wahrnehmung ausgeschlossen bleiben. Gerade diese Selbstkontrolle und gesellschaftliche Kontrolle von Handeln bleibt ausgeschlossen, wenn anonyme Online-Portal das Erstatten von Anzeigen so einfach machen. Folgenfreie Denunziation ist geradezu eine Einladung, unliebsame Mitbürger berechtigt oder unberechtigt anzuzeigen.
Und was passiert mit einer Gesellschaft, in der jeder jeden anonym anzeigen kann, wann immer er möchte. Wenn man damit grundlos drohen kann, oder wenn man plötzlich jedem mißtraut, Denunziation zutraut oder befürchtet?
Im Strafrecht wird es immer wieder Fälle geben, die Anonymität erforderlich machen. Aber die Entscheidung über zugesicherte Anonymität sollte immer eine Einzelfallentscheidung zum Schutz von Menschen durch Menschen sein, nie eine pauschale Möglichkeit für jedermann.
Wer will eigentlich die menschlichen Schicksale verantworten die zwangsläufig entstehen, wenn Ermittlungen aufgrund von Falschanzeigen aufgenommen werden? Irgendetwas bleibt immer hängen, egal wie deutlich später eine Unschuld offenkundig wird. Von derartigen Fällen kann jeder Strafverteidiger berichten.
Der einzige Schutz vor Denunziantentum ist die notwendige Rechtfertigung eines für alle sichtbaren Anzeigeerstatters. Niedrige Beweggründe würden schnell erkennbar und auf einen Denunzianten zurückfallen. Nur das ist abschreckend. Anonyme Online-Portale kennen dieses gesellschaftliche Korrektiv dagegen nicht. Der Denunziant ist nicht der Gefahr ausgesetzt, persönliche Konsequenzen befürchten zu müssen. Was sollte ihn bei niedrigen Beweggründen also von seinem Handeln zurückhalten?
Das Argument, daß dem Staat durch Steuerhinterziehung im Jahr Milliardeneinnahmen entgehen, rechtfertigt nicht die zerstörerische Kraft staatlich erwünschtem Denunziatentums in einer Gesellschaft. Wenn nur ein Einziger falsch beschuldigt und öffentlich verfolgt würde, wäre dies bereits Einer zu viel. Haben wir aus der Geschichte denn garnichts gelernt?