Aussetzung der Insolvenzantragspflicht?
Doch nicht insolvent??? Die Covid-19 Ausnahmeregelung
(Lesezeit 4 Min)
Nachdem sie ihr Gespräch mit dem Steuerberater beendet hatten, waren sie direkt in eine heruntergekommene Kneipe in unmittelbarer Nähe gegangen. Es war ihnen egal, daß die Uhr erst kurz nach 11 frühmorgens anzeigte.
Nach allem, was sie da gerade gehört hatten, kam es jetzt sowieso nicht mehr drauf an. Das Gespräch mit dem Steuerberater Heinze hatte ihre schlimmsten Ängste der letzten Woche bestätigt. Sie waren insolvent. So ganz hatte Jannik das nicht verstanden, aber es gab wohl mehrere Möglichkeiten insolvent zu werden und sie waren es gleich in mehrfacher Hinsicht.
Aber war es wirklich schon so schlimm?
Jannik und Tim hatten es nicht ganz verstanden, aber irgendwie hatte Heinze was von ““Aussetzung der Antragspflicht” wegen Corona gesagt.
Was heißt das? Waren sie nun insolvent, oder nicht?
Tim hatte Heinze direkt gefragt. Doch der sagte, dass es sich hier um ein neues Gesetz handeln würde, dass die Lage ein wenig verändert hätte. So ganz könne er das aber auch nicht sagen, da das Gesetz ganz neu sei und er sich dazu erstmal einlesen müsse.
Jannik hatte sich daraufhin aufgeregt und Heinze angefaucht, warum sie dann bitte hierherkommen müssten, wenn er nicht vorbereitet sei und im Grunde gar nichts wisse. Es ginge schließlich um ihre Existenz, ihren Lebenstraum.
Heinze hatte versprochen, sich intensiv einzuarbeiten und dann am nächsten Tag umgehend zu melden. Jannik und Tim aber waren ratloser denn je. Insolvent? Oder doch nicht? Neues Gesetz wegen Corona?
Es hieß es mal wieder warten. Sie hofften inständig, dass der Steuerberater sein Versprechen – am nächsten Tag detailliert Auskunft geben zu können – einhalten würde.
Kommentar:
Was haben wir hier für eine Situation? Zwei Jungunternehmer, die mit einer coolen Idee hofften die Welt zu erobern sitzen in einer Bar und betrinken sich. Der Grund ist die drohende Insolvenz ihres Start-Ups. Was sie nicht wissen und womit auch der Steuerberater offensichtlich überfordert ist: Aufgrund der COVID-19 Pandemie wurde die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt.
So heißt es im Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht in § 1:
Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a der Insolvenzordnung und nach § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist bis zum 30. September 2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenz- reife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS- CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. War der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkun- gen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Ist der Schuldner eine natürliche Person, so ist § 290 Absatz 1 Nummer 4 der Insolvenzordnung mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf die Verzöge- rung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Zeit- raum zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. Septem- ber 2020 keine Versagung der Restschuldbefreiung gestützt werden kann. Die Sätze 2 und 3 gelten ent- sprechend.
Um diesen Gesetzestext zu verstehen, muss man sich vor Augen führen, welche Pflichten den Geschäftsführer im Falle der Insolvenz treffen. Zentral zu nennen ist hier § 15a InsO, wonach die Geschäftsführung einer Firma Insolvenzantrag zu stellen hat, wenn einer der Insolvenzgründe erfüllt ist. Unterlässt die Geschäftsführung dies, haftet sie unter Umständen persönlich und muss mit Geld- oder sogar Freiheitsstrafe rechnen.
Nun wurde diese Pflicht bis zum 30. September dieses Jahres ausgesetzt.
Tipp:
Die konkreten Konsequenzen dieses Gesetzes sind auch unter den besten Anwälten, Richtern und Rechtsgelehrten umstritten. Wir empfehlen Ihnen dringend: Lassen Sie sich beraten und bereiten Sie sich mithilfe von professionellen Beratern vor. Denn über dieses Gesetz wurde versucht, Firmen, die in diesen Zeiten in die Krise geraten sind, Zeit zu verschaffen.
Das bedeutet aber auch: Wenn Sie bereits vor Inkrafttreten des oben genannten Gesetzes insolvent waren, dann werden Sie nicht von der Insolvenzantragspflicht befreit. Der Corona Shutdown muss ursächlich für die vorliegenden Insolvenzgründe sein.
Benötigen Sie Beratung oder Unterstützung?
legal 1st ist für Sie da: https://legal-first.de/insolvenz
BMJV:
Insolvenzantragspflicht wird ausgesetzt
Gesetzliche Regelung tritt rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft und gilt vorerst bis 30. September 2020.