#OffenerBrief an Scholz: Angst darf kein Mittel der Politik sein!

#OffenerBrief an Scholz: Angst darf kein Mittel der Politik sein!

Ukraine
SWR.de

Reaktionen auf den Offenen Brief der EMMA an Kanzler Scholz | 2.5.2022

 
 
 

Darf Angst ein Mittel der Politik sein?

Nein!

Nie!

 
legal 1st Kommentar:  
 

Die Reaktionen auf den Offenen Brief an Kanzler Scholz sind vielfältig, zum Teil sehr heftig. Die Unterzeichner bemühen sich seither in allen Medien um Rechtfertigung – was eine eigene Sprache spricht.

Offene Briefe anstelle von persönlichen Briefen schreibt man, weil man eine gesellschaftspolitische Reaktion und Bewegung damit in Gang setzen möchte. Und genau vor diesem Hintergrund sind die Formulierungen dieses Briefes zu bewerten, weil er sich des Mittels der Angst bedient, um die Lieferung von Waffen an die Ukraine anzuprangern.

Angst war auch in den vergangenen zwei Jahren ein häufiges Stilmittel im Rahmen der Corona-Maßnahmen und ihrer Durchsetzung.

Aber Angstmachen ist das Appellieren an ein inneres Schutzgefühl, daß jenseits von Information und Rationalität Menschen zu einem bestimmten Verhalten veranlassen soll. Aber so sind Demokratie und Rechtsstaat nicht aufgebaut, geschweige denn können sie als Folge von Angstgefühlen erhalten werden.

Der Offene Brief spricht diese Angstgefühle mit Schlagworten an, versteckt in behauptetem ethischem Anspruch, und wird nie konkret ist der Sache. Der Brief als offener Brief will die jetzt stattfindende Diskussion, ohne dass sich die Unterzeichner über die Folgen der geschürten Angst für sachlich gebotene Politik Gedanken machen.

Jeder Autokrat oder Möchte-gern-Autokrat in Vergangenheit und Gegenwart nutzt oder nutzte die Angst der Menschen für die Durchsetzung seiner politischen Vorstellungen und Ziele, deshalb ist sie in einer rechtsstaatlichen Demokratie zutiefst verwerflich und abzulehnen.

Man hätte Bundeskanzler Scholz bei echten Sorgen auch einen persönlichen Brief schreiben können – mit mehreren Unterzeichnern.

Welche Passagen des Offenen Briefes sind besonders fragwürdig?

Zitate aus dem Offenen Brief vom 2.5.2022:

„Wir teilen das Urteil über die russische Aggression als Bruch der Grundnorm des Völkerrechts. Wir teilen auch die Überzeugung, dass es eine prinzipielle politisch-moralische Pflicht gibt, vor aggressiver Gewalt nicht ohne Gegenwehr zurückzuweichen. Doch alles, was sich daraus ableiten lässt, hat Grenzen in anderen Geboten der politischen Ethik.“

„Zwei solche Grenzlinien sind nach unserer Überzeugung jetzt erreicht: Erstens das kategorische Verbot, ein manifestes Risiko der Eskalation dieses Krieges zu einem atomaren Konflikt in Kauf zu nehmen. Die Lieferung großer Mengen schwerer Waffen allerdings könnte Deutschland selbst zur Kriegspartei machen. Und ein russischer Gegenschlag könnte so dann den Beistandsfall nach dem NATO-Vertrag und damit die unmittelbare Gefahr eines Weltkriegs auslösen. Die zweite Grenzlinie ist das Maß an Zerstörung und menschlichem Leid unter der ukrainischen Zivilbevölkerung. Selbst der berechtigte Widerstand gegen einen Aggressor steht dazu irgendwann in einem unerträglichen Missverhältnis.“

„Wir warnen vor einem zweifachen Irrtum: Zum einen, dass die Verantwortung für die Gefahr einer Eskalation zum atomaren Konflikt allein den ursprünglichen Aggressor angehe und nicht auch diejenigen, die ihm sehenden Auges ein Motiv zu einem gegebenenfalls verbrecherischen Handeln liefern. Und zum andern, dass die Entscheidung über die moralische Verantwortbarkeit der weiteren „Kosten“ an Menschenleben unter der ukrainischen Zivilbevölkerung ausschließlich in die Zuständigkeit ihrer Regierung falle. Moralisch verbindliche Normen sind universaler Natur.“

Neben der so geschürten Angst vor der Eskalation des Krieges, wird die Gefahr einer Eskalation, Russland und der Ukraine über die Formulierung „ursprünglicher Aggressor“ gleichermaßen zugeordnet. Die Ukraine ist in ihrem Verteidigungsverhalten laut Offenem Brief auch ein Aggressor.

Gleichzeitig wird der ukrainischen Bevölkerung und ihrer demokratisch gewählten Regierung nicht zugestanden, sich selbst zu verteidigen, weil die „Kosten an Menschenleben nicht in die ausschließliche Zuständigkeit ihrer Regierung falle“. Das tatsächliche Handeln der russischen Armee gegenüber der Zivilbevölkerung der Ukraine wird ausgeblendet.

In einer offenen Gesellschaft ist der Diskurs über den Inhalt des Offenen Briefes möglich. Die Unterzeichner müssen sich mit den Reaktionen auseinandersetzen, auch mit der Feststellung, dass Angst ein verwerfliches gesellschaftspolitisches Mittel ist.

 
 
 

 

 

 
 
 

 

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