Startup in Deutschland? Besser nicht!

Startup in Deutschland? Besser nicht!

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Tagesschau.de

Wie Startups die Krise nutzen

 
 
 

Start-up in Deutschland – ein Erfahrungsbericht

  • Die Idee ist brillant.
  • Theoretisch kann jeder das Produkt nutzen und gebrauchen.
  • Der potentielle Markt ist riesig und bisher privilegierten Gruppen vorbehalten.

 

Klingt doch bestens und hoch-geeignet für eine Start-up-Förderung!?!

Weit gefehlt, nicht in Deutschland.

In Deutschland werden Startups gefördert, wenn sie bereits einen Markt haben und Gewinne versprechen, d.h. ein Null-Risiko haben. In USA werden auch Ideen gefördert, die sonst nicht entwickelt werden könnten, weil benötigte Ressourcen zu teuer sind, d.h. hohes Risiko für Investoren.

Die Beschreibung auf der Seite „Gründer.de“ zur Notwendigkeit eines Business-Plan verdeutlicht das Bestreben von Investoren, nur in Unternehmungen investieren zu wollen, die bereits Gewinne aufweisen und für die nächsten Jahre auch sicher prognostizieren können:

„Extern wird er (der Business-Plan) vor allem von Risikokapitalgebern und Banken gebraucht, damit diese sich absichern können. Schließlich wollen sie sicher sein, dass sie ihr Geld an ein Unternehmen geben, welches zukünftig Chancen auf Erfolg bietet. Außerdem kann ein Businessplan für spätere Fusionen und Übernahmen relevant sein.“

Zu diesem Zweck hat sich eine eigene Startup-Sprache entwickelt, die wichtig klingt und scheinbare Kompetenz der Nutzer nachweisen soll.

Seed Stage – Early Stage Growth StageLater Stage

Wirtschaftsberatungsunternehmen, Banken, Investmentfonds  und unterschiedlichste Kapitalverwaltungsgesellschaften bieten Erklärungen zu Finanzierungsprozessen und -verfahren an, sagen an, wann ein Pitchdeck vorgelegt werden soll und was darin zu stehen hat. Über die notwendige Detailgenauigkeit des Businessplans gibt es viele Aussagen und läßt Universitäten in Seminaren zu Startup Beratern aufsteigen. Die Anzahl der Menschen, die genau wissen, wie alles geht, steht dabei zunehmend im umkehrten Verhältnis zur absoluten Zahl tatsächlich gegründeter und geförderter Startups.

Nach 50 Mails und zahllosen Gesprächen im Vorfeld mit tausend Ratschlägen wie was genau dargestellt und geschrieben werden sollte, hat es nun endlich geklappt: Ein potentieller Investor will telefonieren und Genaueres wissen.

Das Gründungsteam kommt zusammen, alle sollen dabei sein und einen guten Eindruck machen bei der verabredeten Videokonferenz. Man hat bereits viel Zeit und Engagement neben dem eigenen Beruf tagtäglich in das potenzielle Produkt investiert aber noch keine konkreten Kunden, weil die Realisierung Zugriff auf IT-Rechenleistung erfordert, die man nicht mit privaten Bordmitteln tragen kann. Wir reden von KI.

Trotzdem, ein Investor scheint das Potential erkannt zu haben und will nachfragen. Das ist doch super – oder nicht???

Im Gründerteam sitzen mehrere Personen mit Doktortitel, LL.M. und sonstigen Fachqualifikationen zusammen, alle beruflich erfolgreich in ihren Bereichen. Allein dies sollte doch ein Argument für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit des vorzustellenden Produktes sein.

Dann kommt die Freischaltung zu Videokonferenz.

Den hochausgebildeten erfahrenen Berufstätigen sitzt eine Studentin mit Bachlorabschluß gegenüber, die im Stil eines Call-Centers sich artig vorstellt und einige Förderrichtlinien des Investors herunterbetet. Das Gründerteam bleibt höflich und präsentiert sich und das Produkt professionell. Die Studentin hat ein Zeitbudget von 30 Minuten und läßt nach 25 Minuten erkennen, daß man nicht zusammenkommen wird, weil die Förderrichtlinien erste Markterfahrungen und Kundeneinschätzungen erfordern, die das Gründerteam mit seinem Produkt nicht vorweisen kann.

Sie persönlich fände das Produkt super, wenn es realisiert werden könne, sie hätte im Studium auch schon einmal mit Jura zu tun gehabt. Aber ohne Kunden und Markterfahrung wäre die Wirtschaftlichkeit für den Investor nicht kalkulierbar, damit wäre das Gründerteam mit seiner Idee raus.

Die 30 Minuten sind um, man verabschiedet sich höflich, um sich nie wieder zu hören. Die Studentin hat x-Prozent ihres Tagessolls im Mini-Job für den Investor mit diesem Call erfüllt und das Gründerteam weiß, daß es an der falschen Adresse war.

Aber was ist die richtige Adresse? Diese Frage bleibt in Deutschland offen.

Wenn der Finanzsektor seine dienende Funktion für die Entwicklung von Wirtschaft und der Schaffung von Neuem zum Wohle aller verloren hat, und stattdessen seine Erfolgsmaßstäbe zur Realisierungsbedingung von Produkten macht, dann hat ein Gründerteam mit einer brillanten Idee keine Chance.

Chancen haben Produkte, die im Zweifel niemand benötigt. Ein Blick in das Ranking geförderter Startups genügt. Meistens ist der gemeinsame Nenner die erwarteten schnellen und hohen Renditen der scheinbar bereits fertigen Produkte:

7 erfolgreiche Höhle der Löwen-Startups

Top 50 Start-ups 2020: Automatisierung und Space (top50startups.de)

Die 25 erfolgreichsten Startups in Deutschland

Ein Positives aber zum Schluß: Die Studentin hatte die englichen Fachbegriffe super drauf! Und: Es hätte auch ein Student sein können, der an dem Tag die Vorgaben für seinen Mini-Job erfüllte.

 

 

 

 
 
 

 

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